Deutsche Redaktion

Nach Festnahme von Spionen: "Russlands Hybrid-Krieg ist bereits hier"

22.10.2025 13:45
Nach der gestrigen breitangelegten Aktion gegen Saboteure sollte man nicht mehr von "Vorkriegszeiten" sprechen, meint der Chefredakteur der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Michał Szułdrzyński. Außerdem: Moskau kann bei diplomatischer Sonderoperation gegen Trump weiteren Erfolg verbuchen. Und: Ist der Drohnen-Wall der EU eine Fiktion? Mehr dazu in der Presseschau.
Dane polskiego wojska w telefonie. ABW zatrzymała Ukraińców
Dane polskiego wojska w telefonie. ABW zatrzymała UkraińcówArtur Szczepanski/REPORTER

Rzeczpospolita: Russlands Hybrid-Krieg ist bereits hier

Russische Sabotageakte nehmen zu – von Drohnen bis hin zu Sprengstoffen. Ist Polen bereit für eine neue Form der Kriegsführung, die gerade beginnt, fragt der Chefredakteur der konservativ-liberalen Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński in seinem Kommentar zur gestrigen Aktion der Agentur für Innere Sicherheit ABW, bei der 55 mutmaßliche Spione festgenommen worden sind.

Wie der Autor erinnert, habe Tusk gestern zunächst auf X von der groß angelegten ABW-Aktion berichtet. Anschließend habe der Geheimdienstkoordinator Tomasz Siemoniak Details ergänzt. Die meisten Einzelheiten hätten jedoch rumänische Dienste geliefert. Demnach hätten bezahlte Ukrainer über eine ukrainische Paketfirma Spreng- und Brandmittel verschickt; in Kopfhörern und Autoteilen seien tödliche Chemikalien, GPS-Tracker und Funkzünder versteckt worden. All dies sei ein weiterer Hinweis auf eine neue Eskalationsstufe der hybriden Kriegsführung: Da Moskau den Krieg gegen die Ukraine nicht auf dem Schlachtfeld entscheiden könne, versuche es, in Europa Terror und Chaos zu säen. Man könne also davon ausgehen, dass Grenzverletzungen, Kampfjet-Überflüge, GPS-Störungen, aber eben auch Sabotageakte unseren Alltag begleiten werden. “Wir werden es also mit Terrorismus zu tun haben, hinter dem nicht asymmetrische religiöse oder politische Organisationen stehen, sondern der russische Staat und seine Dienste. Und zwar mit Terrorismus, der von sogenannten „Wegwerf-Agenten” – Menschen aus der kriminellen Welt – ausgeübt wird”, schreibt Szułdrzyński.

Aus der Perspektive des Charakters und der Absichten des Feindes sei die Formulierung „Vorkriegszeiten” nicht mehr zutreffend, meint der Autor – es handle sich bereits um Kriegszeiten. Der russische Krieg sei schon da, nur handle es sich nicht um einen klassischen kinetischen Krieg, sondern um einen hybriden Krieg - eine Mischung aus Desinformation, Einflussoperationen, Panikmache, realer Sabotagegefahr, Bränden und Explosionen. „Wir müssen uns das klar machen. Und uns schnellstmöglich auf diese neue Situation vorbereiten“, schließt Michał Szułdrzyński in der „Rzeczpospolita“.

auslandsdienst.pl: Diplomatische Sonderoperation: „Donald Trump demotivieren“

Die russische Strategie, Donald Trump gezielt von Bemühungen um eine Kriegsbeendigung abzubringen, habe fehlerfrei funktioniert, analysiert der Experte des Zentrums für Oseuropastudien, Tadeusz Iwański in seinem Kommentar für den Auslandsdienst des Polnischen Rundfunks. Kaum eine Woche nach der Bekanntgabe der Pläne für einen Trump-Putin-Gipfel in Budapest, so Iwański, habe Moskau Desinteresse signalisiert. Am Dienstag habe Sergej Lawrow beim Telefongespräch mit US-Außenminister Marco Rubio klargemacht, Russlands Kriegsziele blieben unverändert. Und jeder Waffenstillstand erfordere die Realisierung dieser Ziele. Kurz darauf habe das Weiße Haus die Vorbereitungen für Budapest gestoppt; Trump habe erklärt, keine Zeit für „unproduktive“ Treffen verlieren zu wollen.

Man könne nur vermuten, mit welchen Schmeicheleien und Versprechungen Putin es bei dem Telefongespräch am Donnerstag geschafft habe, seinen Gesprächspartner erneut mit dem russischen Narrativ zu infizieren. Fest steht: Als Moskau am 21. Oktober seine Forderungen wiederholt habe und Trump ein Gespräch mit Putin als Zeitverschwendung bezeichnet habe, sei eine weitere Phase der „Sonderoperation“ gegen den US-Präsidenten erfolgreich abgeschlossen worden: Der Kreml habe Zeit gewonnen, Kiew und Washington entfremdet und Europa eingeschüchtert; vor allem aber habe er Trump die „Ukraine und diese vertrackten europäischen Angelegenheiten“ maximal verleiden wollen, um einen politischen – idealerweise auch militärischen – Rückzug der USA aus Europa zu erreichen. Dennoch, so Iwański, habe Putin „eine Runde gewonnen, nicht das ganze Spiel“; mehrere Runden stünden noch bevor und es gebe weiterhin eine Chance darauf, den Verhandlungstisch umzuwerfen und auf einen taktischen Sieg Kiews.

Fürs Erste entferne sich auch Viktor Orbáns Budapester Sternstunde, die dieser - wie Lukaschenko 2014 und 2015 - dafür bräuchte, sich als unabdingbarer Vermittler im Friedensprozess zu inszenieren und vor den Parlamentswahlen im Frühling zu glänzen, deren Ausgang völlig offen bleibe, so Tadeusz Iwański in seinem Kommentar für den Auslandsdienst des Polnischen Rundfunks.

Defence24: Der Anti-Drohnen-Wall der EU ist eine Fiktion

Der EU-weite „Drohnen-Wall“ sei im geplanten Zeit- und Kostenrahmen unrealistisch – und im Ernstfall leicht zerstörbar, schreibt das Fachportal „Defence24“. Der von Brüssel anvisierte Aufbau einer lückenlosen Barriere entlang der Ostgrenze, so das Portal, basiere auf Technik, die so noch nicht existiere; verfügbare Störsysteme hätten nur 1–5 km Reichweite, was extrem dichte Mastabstände und komplexe Netze aus Sensoren, Effektoren, Energie-, Schutz- und Dateninfrastruktur erfordere.



Ohne radargestützte Aufklärung seien Erkennungslücken wahrscheinlich; zugleich ließen sich reine Störmasten mit billigem, gegen Funkstörung unempfindlichem faseroptisch geführtem UAV-Gerät im Kriegsfall in Minuten neutralisieren. Erfahrungswerte aus dem maritimen Radarnetz der Grenzschutzbehörde zeigten, dass selbst mit marktverfügbaren Komponenten zwischen Pilotabschnitt, Anpassungen und Vollausbau eher ein Jahrzehnt verginge – nicht zwei Jahre. Fazit des Autors Maksymilian Dura: Entweder verstehe die Politik den Umfang nicht, oder sie setze „auf ein Wunder“; ohne realistischen Pilotausbau, robuste Luftverteidigungs-Einbindung und harte Resilienz-Standards bleibe der „Anti-Drohnen-Wall“ der EU reine Fiktion, so Defence24.

Autor: Adam de Nisau


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