Deutsche Redaktion

Polen führt vorübergehende Grenzkontrollen zu Deutschland und Litauen ein

07.07.2025 06:59
Polen hat in der Nacht zum Montag vorübergehende Grenzkontrollen an den Übergängen zu Deutschland und Litauen eingeführt. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes sollen vor allem Fahrzeuge kontrolliert werden, die mehrere Personen transportieren – darunter Busse, Kleinbusse sowie Autos mit getönten Scheiben. Ziel der Maßnahme ist es, den Zustrom illegaler Migranten einzudämmen.
Do kontroli granic oddelegowano 5 tys. żołnierzy
Do kontroli granic oddelegowano 5 tys. żołnierzyNewsLubuski/East News

Die Kontrollen finden an insgesamt 65 Stellen statt: 52 an der polnisch-deutschen und 13 an der polnisch-litauischen Grenze. Wie Unterleutnant Konrad Szwed vom Hauptkommando des polnischen Grenzschutzes erklärte, bedeutet die Maßnahme nicht die Wiedereinführung fester Grenzanlagen. „Es wird keine Schranken, Zäune oder Barrikaden geben. Die Fahrzeuge passieren die Grenze und die Kontrollen erfolgen stichprobenartig”, sagte Szwed. Im Falle einer Kontrolle würden die Ausweisdokumente von Fahrern und Passagieren sowie Fahrzeugkofferräume überprüft.

An den Kontrollpunkten kann es demnach Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung wie Verengungen, Fahrbahnschwellen oder Haltesignale durch die Beamten geben. Szwed versicherte, dass Grenzpendler und insbesondere Berufspendler möglichst wenig von den neuen Maßnahmen betroffen sein sollen.

Hohe Strafen bei unerlaubtem Grenzübertritt

Der Grenzschutz warnte zudem vor unerlaubtem Grenzübertritt abseits der offiziellen Übergänge. Wer die Grenze an nicht dafür vorgesehenen Stellen überschreitet, muss mit einer Geldbuße von mindestens 500 Zloty (rund 115 Euro) rechnen. Wird dabei Gewalt, Drohung, Täuschung oder Zusammenarbeit mit anderen Personen festgestellt, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Großangelegte Sicherheitsmaßnahmen an den Grenzen

Um die Grenzkontrollen durchzuführen, wurden zusätzliche Einsatzkräfte mobilisiert. Nach Angaben des Innenministers Tomasz Siemoniak sind seit Mitternacht 800 Grenzschützer, 300 Polizisten, 200 Militärpolizisten sowie 500 Soldaten der Territorialverteidigung im Einsatz. Siemoniak betonte, dass ausschließlich staatliche Sicherheitsdienste für die Kontrollen und das Vorgehen an den Grenzübergängen verantwortlich seien.

„Alle mit dem Ministerium verbundenen Dienste und Institutionen sind voll einsatzbereit“, sagte Infrastrukturminister Dariusz Klimczak.

Reaktion auf steigende Migrantenzahlen

Die polnischen Behörden begründen die Einführung der Grenzkontrollen mit einem deutlichen Anstieg illegaler Migration. „Wir verzeichnen vor allem einen Zuwachs an festgenommenen Ausländern an der polnisch-litauischen Grenze. Allein bis zum 29. Juni dieses Jahres haben wir dort 412 Personen festgesetzt. Im gesamten Vorjahr waren es 432“, erklärte Szwed.

Deutschland hatte bereits im Oktober 2023 Grenzkontrollen zu Polen eingeführt, um den Zustrom von Migranten zu begrenzen.

Bereits frühere Grenzkontrollen

Die Entscheidung zur Wiedereinführung der Kontrollen gab Polens Regierungschef Donald Tusk am Dienstag vergangener Woche bekannt. Er hatte bereits im Juni angekündigt, dass angesichts der Migrationslage eine vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Sommer wahrscheinlich sei.

Polen hatte in der Vergangenheit mehrfach temporäre Kontrollen an den Grenzen eingeführt, unter anderem während der Fußball-Europameisterschaft 2012 oder während der COVID-19-Pandemie.


PAP/jc

 

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