Plus Minus: Fünf Thesen zum kontroversen AfD-Auftritt von Präsidentenberater Prof. Nowak
Das Wochenmagazin der konservativ-liberalen Rzeczpospolita “Plus Minus” präsentiert in einem ausführlichen Essay von Estera Flieger eine vehemente Verteidigung von Professor Andrzej Nowaks umstrittenem Berlin-Auftritt. Die Autorin formuliert fünf zentrale Thesen, die weit über die Debatte um die AfD hinausgehen und die polnisch-deutsche Erinnerungskultur grundsätzlich in Frage stellen.
Zunächst stelle die Empörung über Nowaks Vortrag ein fundamentales Missverständnis dar, argumentiert Flieger. Der Historiker habe nicht nur zur AfD gesprochen, sondern zu einem viel breiteren Publikum. „Die größte Zuhörerschaft hatte der Vortrag wohl unter polnischen Internetnutzern", schreibt die Autorin. Man müsse jedoch auch davon ausgehen, dass Nowak auch die „Architekten der deutschen Geschichtspolitik" erreicht habe, die Berlin seit jeher als eine Art Außenpolitik definiere. Und er habe Dinge gesagt, „die für den deutschen Mainstream unbequem" seien.
Zweitens, so Flieger, entspreche die Reaktion der AfD der Reaktion des deutschen Mainstreams. So habe etwa der deutsche Publizist Benedikt Kaiser Nowak als „Nationalisten" bezeichnet und sein Auftreten als „zweistündige Lektion in polnischem Chauvinismus" charakterisiert. Doch für einen Chauvinisten werde Nowak nicht nur der AfD-Wähler halten, betont Flieger. „Und in genau diesem Sinne beschreiben die Reaktionen auf den Vortrag des polnischen Historikers den deutschen Mainstream." Nowak sage nämlich, dass Polen Opfer gewesen seien, während einer der Pfeiler deutscher Geschichtspolitik das Gedenken an sexuelle und ethnische Minderheiten sei, aber eben nicht an Nationen.
Die Autorin zitiert Bundeskanzler Olaf Scholz, der 2023 erklärt habe, „Deutschland und die Welt seien von der Tyrannei des Nationalsozialismus befreit worden" – eine Formulierung, die die offizielle Narration zusammenfasse: „Die Identität der Täter ist eigentlich nicht klar, die deutsche Gesellschaft leistete Widerstand." Deutschland wolle die Polen zudem über Demokratie belehren, und genau dem diene unter anderem das Deutsch-Polnische Haus.
Der Mythos einer umfassenden deutschen Aufarbeitung der eigenen Geschichte sei längst widerlegt worden, führt Flieger weiter aus. In seinem Essay „Kollektive Unschuld. Die Verdrängung der Shoah aus dem deutschen Gedächtnis" habe Samuel Salzborn dies nachgewiesen. „Professor Nowak hat nichts Schockierendes gesagt. Schockierend ist diese Feststellung: für die AfD, den deutschen Mainstream und progressive Kreise in Polen."
Drittens, lesen wir weiter, hätten progressive Kreise seit 36 Jahren die symbolische Deutungshoheit, und Nowak habe ein Tabu gebrochen. Der deutsch-polnische Dialog sei „konzessioniert", schreibt Flieger. Berlin mache Gespräche mit Warschau davon abhängig, wer in Polen die Regierung bilde. Doch Nowak habe noch ein anderes Tabu verletzt: „Unter ‚progressiven Intellektuellen' an der Weichsel gelte jede Haltung gegenüber Deutschland, die nicht ihre eigene ist, als chauvinistisch." Seit 36 Jahren seien dieselben polnischen Historiker und dieselben Stiftungen die Partner für die Deutschen – „sie haben auf diese Weise symbolische Macht, sie verteilen Respekt und Anerkennung im Milieu".
Als Beispiel führt die Autorin die Debatte um Professor Peter Oliver Loew an, den Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt, der am selben Tag, als Nowak in Berlin sprach, von Polens Außenministerium die Auszeichnung „Bene Merito" für seinen Einsatz für Polen erhielt. Loew sei ein Historiker, der dem Denkmal für polnische Opfer in Berlin mindestens skeptisch gegenüberstehe, dafür aber gerne zur polnischen Politik Stellung beziehe. In einem Interview von 2021 habe er festgestellt: „Ein Teil der polnischen Eliten akzeptiert nicht die in Deutschland und anderen liberalen westlichen Gesellschaften etablierte kritische Art der Bewertung der eigenen Vergangenheit, bei der sowohl an ruhmreiche als auch dunkle Seiten erinnert wird. Ein Teil der polnischen Öffentlichkeit akzeptiert einen solchen Ansatz nicht und behauptet, man könne nicht von polnischer Mitverantwortung für einen Teil der Gewalt aus der Kriegszeit sprechen, weil sie sich nicht mit der Verantwortung des deutschen oder sowjetischen Besatzers vergleichen lasse."
„Stärkt Polen ein Vergleich mit dem Dritten Reich und der Sowjetunion sowie die Zuschreibung einer ‚Mitverantwortung' für Gewalt im Zweiten Weltkrieg?", fragt Flieger rhetorisch. Nicht zu erwähnen, dass Loews schockierende Thesen sich inhaltlich nicht verteidigen ließen.
Die vierte These konstatiert einen Mangel an kohärenter deutscher Politik Polens. „Wann werden die polnischen ‚progressiven Intellektuellen' verstehen, dass es einen Zusammenhang zwischen deutscher Geschichtspolitik und dem Mangel an Reflexion bei der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel darüber gibt, was am 24. Februar 2022 geschah?", fragt die Autorin. Wie anders als durch eine nicht absolvierte Geschichtslektion lasse sich erklären, dass deutschen Demonstranten naiver Pazifismus näher liege als volle Unterstützung für die gegen das totalitäre Russland kämpfende Ukraine?
Premier Donald Tusk habe heute im Einklang mit der polnischen Staatsräson eine entschiedene Haltung gegenüber Deutschland eingenommen, das Polen im Fall des Ukrainers Wolodymyr Ż. unter Druck gesetzt haben soll (er wird verdächtigt, Nord Stream 2 gesprengt zu haben). Gleichzeitig habe jedoch das Außenministerium Loew ausgezeichnet – „buchstäblich: das war am selben Tag."
Fünftens und letztens: Der triumphierenden PiS müsse man vorhalten, dass Prof. Nowaks Vortrag gerade deswegen ein Erfolg gewesen sei, weil er alles anders gemacht habe, als die PiS. Der Vortrag des Professors sei deshalb gut gewesen, weil er sich klar von der hysterischen und chaotischen Geschichtspolitik der PiS unterscheide. Nowak sei frei von den antideutschen Obsessionen der Rechten, sachlich und ruhig gewesen – vielleicht sogar wohlwollend und dabei geschickt, wenn er sagte, dass sich Polen und Deutsche eines Tages besser verstehen würden. Er habe nach Gemeinsamkeiten gesucht und zu chirurgischen Instrumenten statt zur Axt gegriffen. Wenn die Rechte jedoch in Richtung AfD schielen wolle, sollte sie auch daran erinnert werden, dass diese Partei noch weiter gehe als Loew. Wenn sie Loew kritisiere, müsse sie gegenüber der AfD ähnlich konsequent vorgehen. Es sei denn, die Rechte internationale Bewegung sei wichtiger als die polnische Erinnerung, so Estera Flieger in der Rzeczpospolita.
RZECZPOSPOLITA: „Putins langer Schatten über dem Weißen Haus"
Putin habe mit einem einzigen Telefongespräch einmal mehr einen „brillanten Sieg" über Donald Trump errungen, schreibt Andrzej Łomanowski in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. Putin habe den Amerikaner eingeschüchtert – „wie zuvor den vorherigen US-Präsidenten und andere westliche Anführer bei der Lieferung von Flugzeugen, Panzern, Storm Shadow und der gesamten übrigen Militärhilfe", schreibt Łomanowski. Die USA würden der Ukraine keine Raketen geben, weil der russische Präsident Trump davon überzeugt habe, dass dies eine „Eskalation" wäre.
Die Ukraine habe diese Hilfe zwar am Ende immer bekommen, aber nach langer Zeit und nicht dann, wenn sie am dringendsten benötigt wurde. Möglicherweise habe Putin den Amerikaner aber auch mit etwas anderem gelockt, spekuliert der Autor. Schließlich würden sich die amerikanisch-russischen Beziehungen nicht nur auf den Krieg in der Ukraine beschränken. Für Trump scheine dieser sogar etwas Zweitrangiges zu sein, ein störendes Detail in seinem großen Handelskrieg mit der ganzen Welt.
Vorerst habe sich der US-Präsident jedoch wieder daran gemacht, diesen Krieg zu beenden. Und wieder habe er damit begonnen, die Hilfe für das Opfer der Aggression einzuschränken. Doch Trump habe bereits mehrfach bewiesen, dass seine Worte nur Worte seien und er seine Meinung sehr schnell ändern könne, erinnert Łomanowski. Dem Alaska-Treffen mit Putin sei die Bereitstellung amerikanischer Weltraum-Aufklärungsdaten für die Ukrainer vorausgegangen, die Angriffe auf russische Raffinerien erleichtert hätten.
„Jetzt könnte es ähnlich sein, wenn der Amerikaner zu dem Schluss kommt, dass Putin ihn wieder an der Nase herumführt", analysiert der Autor. Aus polnischer Sicht erscheine ein solcher Verlauf der Ereignisse offensichtlich. „Wir wissen genau, dass der Russe keinen Frieden mit der Ukraine will, sondern die Ukraine selbst." Die Glaubwürdigkeit des Kreml-Chefs und dessen, was er sage, sei gleich null.
Die Schlüsselfrage aus polnischer Sicht laute, wann Trump wieder begreife, dass Gespräche mit Putin fruchtlos seien. „Wie lange wird es diesmal dauern: eine Woche, zwei, einen Monat? Bis zum nächsten Ausbruch des Amerikaners und der Bezeichnung Russlands als ‚Papiertiger'."
Doch dies werfe eine weitere Frage auf, diesmal über Putin: Wozu spiele der Russe auf Zeit? Wozu brauche er diese Woche, zwei oder vielleicht zwei Monate? Hoffe er, dass er in dieser Zeit endlich, nach fast vier Jahren, die ukrainische Verteidigung durchbrechen, zu siegen beginnen und aus der Position der Stärke die Bedingungen diktieren werde? Wo seien jedoch die Ressourcen, die ihm dies ermöglichen würden?
Moskau arbeite intensiv daran, aus der Reserve gerufene Soldaten an die Front zu schicken. „Ohne das in Russland verfluchte Wort ‚Mobilisierung' zu verwenden, versucht man, so viel ‚Kanonenfutter' wie möglich zu sammeln und in die Schützengräben zu schicken", schreibt Łomanowski. Eine solche Operation brauche aber viel Zeit. Möglicherweise werde Putin diesmal Trump „länger an der Nase herumführen als zuvor, vielleicht sogar bis Jahresende". Nebenbei bemerkt habe der Russe dem Amerikaner in einem der Gespräche gesagt, er werde den Krieg „genau bis Ende 2025" gewinnen.
Dabei habe der Kreml keinerlei Garantie, dass es ihm gelinge, die entsprechenden „menschlichen Ressourcen" zu sammeln und zu bewaffnen – und selbst wenn, dass diese Masse unter enormen Verlusten die Front durchbrechen könne. „Alles in allem weiß man also nicht, warum Putin wieder auf Zeit spielt. Möglicherweise hat er keine andere Lebensidee", so das Fazit von Andrzej Łomanowski in der Rzeczpospolita.
FAKT: Duda wird Fintech-Aufseher – „Polens Revolut" gewinnt Ex-Präsidenten
Alle Portale berichten über Andrzej Dudas weiteren beruflichen Schritt nach dem Ende seiner Präsidentschaft – und der führt den ehemaligen Staatschef in die Welt der Finanztechnologie, lesen wir auf dem Portal des Boulevardblatts Fakt. Duda sei dem Aufsichtsrat von ZEN.com beigetreten, einer 2018 in Rzeszów gegründeten Fintech-Firma mit Hauptsitz in Litauen, die in etwa 30 Ländern aktiv sei.
In einer Firmenmitteilung heiße es, Duda solle „die Firma im Dialog mit internationalen Regulierern sowie strategischen Partnern unterstützen", berichtet die Zeitung. ZEN.com biete Dienstleistungen wie Zahlungskarten, Multiwährungskonten, Währungsumtausch oder Online-Zahlungen an. Die von Dawid Rożek gegründete Firma werde zwar oft als „polnisches Revolut" bezeichnet, doch sei diese Einordnung laut einigen Experten übertrieben.
Duda habe im Gespräch mit „Puls Biznesu" betont, dass sein Beitritt zu ZEN.com eine Antwort auf sein Interesse an innovativer Unternehmensführung sei. „Nach Jahren im öffentlichen Dienst möchte ich meine Erfahrung nutzen, um die Entwicklung von Technologie und Innovationen zu unterstützen, die einen realen Einfluss auf die Wirtschaft haben", werde der ehemalige Präsident zitiert.
Er habe auch angedeutet, dass polnische Banken zwar digitale Dienstleistungen auf hohem Niveau entwickelten, ZEN.com aber einen Schritt weiter gehe. „Es geht darum, ein intuitives Finanz-Ökosystem aufzubauen, das nicht nur jungen Kunden, sondern auch älteren Generationen entspricht, die zunehmend digital aktiv sind", kommentiere Duda.
Darüber hinaus habe er erklärt, seine Aufgabe sei es, „darüber zu wachen, dass ZEN.com eine maximal sichere Institution für Verbraucher ist. Ich werde auch die Beziehungen zu Regulierern in Ländern beobachten, in denen die Firma neue Lizenzen erhält."
In Sachen Politik sei Duda eindeutig: Eine Rückkehr in die aktive Politik als Premier plane er nicht. „Meine politische Tätigkeit war immer öffentlicher Dienst, nicht ein Kampf um Posten", habe er betont. Stattdessen werde sein Engagement Aufsichts- und Beratungscharakter haben, mit der Möglichkeit, weiteren Aufsichtsräten verschiedener Institutionen beizutreten. Zusätzlich habe er in Krakau ein Büro des ehemaligen Präsidenten eröffnet, eine weitere Niederlassung in Warschau sei geplant.
Interessanterweise beschränke sich Duda nicht nur auf die Finanzwelt – im September habe er eine Zusammenarbeit mit Kanal Zero von Krzysztof Stanowski begonnen, wo er „16 Folgen zu 16 heißen Themen" aufzeichnen solle, berichtet Fakt.
DZIENNIK.PL: Polnischer Pianist im Chopin-Finale – „Musik ist sein Leben"
Das Nachrichtenportal Dziennik.pl stellt Piotr Alexewicz vor, der es ins Finale des Chopin-Wettbewerbs 2025 geschafft habe. Der Pianist sei bereits als kleiner Junge mit der Musik in Verbindung gekommen. Seine Großmutter habe ihn in die Welt des Klaviers eingeführt. Erst mit 12 Jahren habe er begonnen, Musik ernsthaft zu betrachten.
Alexewicz habe an einer Musikschule gelernt und im Knabenchor des Nationalen Musikforums in Wrocław gesungen. 2021 sei er nach Zürich gegangen, wo er heute lebe, sich ausbilde und auch lehre. Der Pianist trete sowohl in Polen als auch im Ausland auf – in Dänemark, Deutschland, Großbritannien, den USA sowie in Japan, Kroatien, Frankreich, der Schweiz und der Slowakei.
2021 habe Alexewicz bereits am Chopin-Wettbewerb teilgenommen, sei aber nicht ins Finale eingezogen. Auf seinem Konto habe er die Auszeichnung „Junger Promotor Polens" für besondere Verdienste bei der Förderung der polnischen Kultur. Alexewicz' Leidenschaft seien Luftfahrt und Reisen, so Dziennik.pl.
Autor: Adam de Nisau